Die letzten Monate beschäftigte uns ein Konzept zum forschenden Lernen, das wir bereits im Zuge der Vorbereitung zur forschen@studium-Tagung im Juni entdeckt haben. Die australische Bildungswissenschaftlerin Angela Brew entwarf 2013 ein kreisförmiges Modell, das die didaktischen Entscheidungen von Lehrenden abbildet (Artikel hier abrufbar). Dabei liegt der Fokus auf den Freiheitsgraden, die den Studierenden innerhalb des Forschungs- und Lernprozesses gewährt werden. In unterschiedlichen Segmenten wird abgebildet, wie stark angeleitet die Studierenden in Bezug auf bestimmte Parameter (Wahl der Forschungsfrage, Strukturierung der Aufgabenstellung, Offenheit der Forschung usw.) agieren. Die Vorgaben, die den Lehrenden durch das Curriculum gegeben sind, werden als „Kontext“ betitelt.

Aus: Brew, Angela (2013): Understanding the scope of undergraduate research. A framework for curricular and pedagogical decision-making. In: High Education 66 (5), S. 603–618.

Aus: Brew, Angela (2013): Understanding the scope of undergraduate research. A framework for curricular and pedagogical decision-making. In: High Education 66 (5), S. 603–618.

Wir fanden das Modell sehr spannend und auch schlüssig, allerdings konnten wir einige Punkte identifizieren, von denen wir glauben, dass sie erstens nicht immer im Ermessen der Lehrenden liegen, sondern von den Rahmenbedingungen bestimmt werden und dass sie sich zweitens nicht ohne weiteres auf den deutschsprachigen Kontext übertragen lassen. Aus diesem Grund entschieden wir uns, das Modell weiterzuentwickeln und anzupassen.

In unserem Modell wurde das Brew’sche Rad zu einem Doppelrad. Wir trennen die Mikroebene der didaktischen Entscheidungen in Bezug auf die Lehrveranstaltung von der Mesoebene des Curriculums, in das die Veranstaltung oder das Projekt eingebunden ist. Auch hier werden (etwa von Studiengangentwicklern) Entscheidungen getroffen, die die Lehre beeinflussen. Auf der Mikroebene wird die Autonomie der Studierenden beschrieben; auf der Mesoebene die Autonomie der Lehrenden.

Weiterentwicklung des Modells von Angela Brew

Weiterentwicklung des Modells von Angela Brew

Das Modell bietet die Möglichkeit, sowohl bestehende forschungsnahe Lehre zu analysieren als auch neue Lehrveranstaltungen oder –projekte zu konzipieren. Beide Ziele verfolgen wir im FideS-Projekt. Auf der einen Seite dient das Modell dazu, unser eigenes Sample zu ordnen und zu typologisieren. Auf der anderen Seite möchten wir es Lehrenden und Studiengangentwicklern zur Verfügung stellen, um Lehre zu reflektieren und um einen Rahmen für Gedankenexperimente zu bieten. Für letzteres entwickeln wir einen Fragebogen, der eine Hinführung zur Gestaltung von forschendem Lernen sein kann.

Im Rahmen einer Veranstaltung an der Leuphana Universität Lüneburg hatten wir bereits die Gelegenheit, den Fragebogen zu erproben. Mehr dazu hier.