Wie im letzten Blogbeitrag angekündigt, werden wir Ihnen im Laufe dieser und der nächsten Woche einige Umgangsweisen präsentieren, wie forschendes Lernen trotz der momentanen Corona-Umstände umgesetzt werden kann. Diese Umgangsweisen stammen alle aus unserem Datenmaterial, sind also von unseren Samplepartnern real umgesetzte Herangehensweisen, welche auch außerhalb der Pandemie zum Einsatz kamen.

Zunächst möchten wir hervorheben, dass Learning Management Systeme und Plattformen neben einer erleichterten Distribution von Materialien, Feedback, Anregungen sowie Ergebnissen die Möglichkeit bieten, den Austausch unter den Studierenden auch außerhalb von regulären Veranstaltungen zu fördern. So können „durch den Einsatz von e-Learning 2.0-Tools im Kontext des forschenden Lernens […] die sozialen, produktions- sowie handlungsorientierten Potenziale des forschenden Lernens digital eingesetzt werden“ (Kergel 2015, S. 20).

Da das Semester in den meisten Hochschulen bereits angefangen hat, beginnen wir hier mit den dringlichsten Hinweisen dazu, wie Präsenzlehre im Kontext von forschendem Lernen ersetzt werden kann. Die folgenden Umgangsweisen sind sortiert nach dem Ersetzen von Empirie in der Präsenz, der Kommunikation/Strukturierung/Feedback im digitalen Raum und dem digitalen Prüfen.

Empirie:

  • Soft-/Hardware für forschende Tätigkeiten für die Heimarbeit ausgeben: Wenn Ihre Studierenden im Laufe der forschenden Tätigkeit Soft- oder Hardware für die Arbeit mit Daten benötigen, müssten diese für die Heimarbeit bereitgestellt werden. Oftmals sind Leihgeräte und Lizenzen verfügbar – sprechen Sie Ihr Rechenzentrum oder Ansprechpartner*innen an der Fakultät an. Nutzen der Maßnahme für die Situation: Studierende können so auch von Zuhause aus Daten erheben und auswerten und sind nicht gezwungen an die Hochschule zu kommen oder ins Rechenzentrum zu gehen. So sind sie in der Lage, ihrer forschenden Tätigkeit ortsunabhängig nachgehen zu können.  (12, 2, 1, 46, 54)
  • Kleingruppen eigene Räume ermöglichen: Schaffen Sie für die Kleingruppen in Ihren Seminaren eigene Räume in Onlineplattformen, in denen sie ungestört und ohne Notendruck arbeiten können. Hier sollten Sie als Lehrende_r möglichst wenig eingreifen (oder auch gar keinen Zugriff haben), was in vielen LMS möglich ist. Nutzen der Maßnahme für die Situation: Die Studierenden können kommunizieren, ohne Abgabedruck zu verspüren und ohne sich treffen zu müssen, und können Dokumente in Selbstlernphasen in einem sicheren Raum bearbeiten. (21, 2)

Feedback/ Strukturierung/ Kommunikation:

  • Strukturierende Software nutzen: Sie können die Durchführung Ihrer Veranstaltung durch lehrbegleitende Kommunikations- und Kooperationsplattformen unterstützen. Diese sind – anders als übliche Lehr- und Lernplattformen – teilweise direkt auf den Prozess des forschenden Lernens ausgerichtet und unterstützen Sie nicht nur beim Bereitstellen von Materialien, sondern auch bei der Gruppenbildung oder der Koordination des Feedbacks der Studierenden untereinander. Nutzen der Maßnahme für die Situation: Sie können sich bei der Gruppeneinteilung und der Strukturierung der Durchführung der Forschungsschritte und deren Reflexion durch Programme wie FLTrail helfen lassen.  Sie ermöglichen Ihnen eine digitale Seminarleitung, indem Etappen des Forschungsprozesses im Programm vorgeschlagen werden und dadurch strukturiert durch die Studierenden bearbeitet werden können. Sie können so den Prozessfortschritt einsehen und über Deadlines strukturieren, zudem können (Forschungs-)Artefakte ausgetauscht und begutachtet werden. Beispiele für strukturierende Software sind:
  • Digitale Sprechstunden ermöglichen: Legen Sie in der Woche einen Termin fest, an dem Sie für eine digitale Sprechstunde in einem bestimmten digitalen Raum (z.B. Zoom, Adobe Connect, oder die Chatfunktionen der LMS…) zu erreichen sind. Viele dieser Kommunikationsplattformen besitzen sogar eine Art „Wartezimmerfunktion“, sodass die Studierenden wie im realen Leben nacheinander an die Reihe kommen können. Selbstverständlich können Sie diese Maßnahme auch zur Anreicherung Ihre Präsenzlehre nutzen. Nutzen der Maßnahme für die Situation: Diese Sprechstunden können genutzt werden, um Probleme zu beheben, die die Studierenden am Arbeiten hindern, z.B. Softwareprobleme. Auch können technische Anleitungen zur Verfügung gestellt werden, die es meist bereits von den Anbietern der Onlineplattformen gibt. So müssen Sie weder an der Hochschule präsent sein noch wenden sich die Studierenden vereinzelt mit Fragen rund um Technik-Probleme an Sie. (36, 10, 7)
  • E-Tutor_innen einsetzen: Sie können auch e-Tutor_innen als Teambegleiter_innen einsetzen. Diese beobachten den Prozess, indem sie regelmäßig Rücksprache mit den Studierenden halten und Ihnen in regelmäßigen Abständen Feedback zu Gruppenverhalten und dem Forschungsprozess geben. Nutzen der Maßnahme für die Situation: Die e-Tutoren übernehmen die Rolle der Feedbackgebenden. Dadurch werden Unterschiede oder gar Defizite explizit und die Studierenden können sich entscheiden, wie sie weiter vorgehen wollen. Außerdem können sie Ihnen Arbeit abnehmen, indem sich die Tutor_innen mit digitalen Umsetzungsproblemen auseinandersetzen. (33, 13, 26,45, 59)

Prüfen:

  • Digitale Prüfungsformate einrichten: Sie können das Erstellen eines e-Portfolios durch die Studierenden anregen und es als Forschungstagebuch/Feldtagebuch und gleichzeitig Prüfungsartefakt nutzen. Studierende können semesterbegleitend ein e-Portfolio (z.B. in Form eines Blogs) anlegen, für das Sie anfänglich die Struktur festlegen: Es kann beispielsweise zu Dokumentations-, Planungs- und Reflexionszwecken genutzt werden und viele verschiedene Medienformate enthalten(Podcasts, Poster, Videos, Exposés, …). Eine weitere Herangehensweise könnten Ergebnispräsentationen in Form von Audio-Guides oder einer digitalen Landkarte sein, um diese einem breiteren, auch nicht-fachwissenschaftlichen Publikum zugänglich zu machen. (58) Nutzen der Maßnahme für die Situation: Die Studierenden können die strukturierenden Elemente eines solchen digitalen Prüfungsformats für den laufenden Prozess nutzen und werden immer wieder zur Reflexion angeregt. Außerdem bildet diese prozessbegleitende Prüfungsform besser das forschende Lernen ab und produziert Ergebnisse, die über die Veranstaltung hinaus relevant sein können. (41, 23, 17, 3, 2, 3, 5,6, 14, 15, 18, 21, 73,108)
  • Open-Access-Magazine als Veröffentlichungsmedien nutzen: Für die Präsentation und Veröffentlichung der Ergebnisse der Studierenden können Sie auch studentische oder Open-Access-Magazine nutzen, wie z.B. „Forsch!“. Weiterhin kann es sinnvoll sein, (vor der Einreichung oder generell) ein Online-Review-Verfahren zu simulieren, wie sie für Veröffentlichungen in Magazinen üblich sind. Nutzen der Maßnahme für die Situation: Zunächst wird dem Prinzip des forschenden Lernens Folge geleistet, dass studentische Ergebnisse möglichst veröffentlicht werden sollten. Weiterhin kann es für die Studierenden sehr motivierend sein, ihre Ergebnisse publiziert zu sehen (statt in einer Schublade verschwinden) und sie lernen dabei, auf welche Aspekte bei Einreichungen geachtet werden muss. Zu beachten ist, dass die Ergebnisse keine üblichen Hausarbeiten sein sollten, da eher Paper-Formate eingereicht werden. (18, 19, 21,22,23,26)

Sie sehen noch andere Möglichkeiten, die Präsenzlehre angemessen zu ersetzen? Dann teilen Sie diese gerne in den Kommentaren mit der Community.

Kergel, D. (2015). Strategien zur Qualitätssicherung für ein forschendes Lernen mit digitalen Medien. Hamburger eLearning Magazin, 14, 18-21.