In der vergangenen Woche fand die 46. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik (dghd) an der Technischen Hochschule Köln statt. Das FideS-Team war gleich mit mehreren Beiträgen vertreten.

Gestartet sind wir in die Tagung bereits am Dienstagvormittag zur Pre-Conference mit dem Treffen der AG Forschendes Lernen in der dghd. Hier wurde eine Working Paper-Reihe der AG vorgestellt, die an der Universität Oldenburg erscheint und theoretische wie empirische Beiträge oder auch Praxisbeispiele zum forschenden Lernen aufnimmt. Ziel ist es, ein neues, niederschwelliges Publikationsorgan für diesen Themenbereich ins Leben zu rufen. Beiträge können hier eingereicht werden.

In einem Impulsforum zur QPL-Begleitforschung haben wir uns zusammen mit dem StufHe Projekt und dem Projekt wirQung mit der Herausforderung beschäftigt, sowohl mit unserer Forschung den wissenschaftlichen Diskurs weiterzuentwickeln wie auch in Dialog mit der Hochschulpraxis zu kommen. Dieses Thema lässt uns nicht los und hat bereits zu einem Beitrag bei der Tagung „Zwischen Baum und Borke“ wie auch einen Artikel in der QiW (Bosse et al., 2016) geführt. Dieses Mal haben wir uns darauf konzentriert, zu überlegen, welches Wissen verschiedene Akteure zum Lernen und Weiterentwickeln ihrer pädagogischen Praxis benötigen. Leitidee ist das von Dreyfus & Dreyfus (1987) entwickelte Novizen-Experten-Paradigma. Die Präsentation kann hier abgerufen werden.

Am Freitag, kurz vor Ende der Konferenz, waren wir an einer Diskurswerkstatt zum studentischen Publizieren beteiligt. Sandra Hofhues (die sich schon seit Langem mit dem Thema auseinandersetzt, z.B. hier) hatte uns eingeladen, aus der Forschungsperspektive auf das Thema zu blicken. Studentisches Publizieren bedeutet aus Sicht des forschenden Lernens, dass der Forschungszyklus „zu Ende“ gedacht wird (Hofhues & Mallwitz, 2016). Die Kommunikation und Diskussion von Forschungsergebnissen ist schließlich ein elementarer Abschnitt jedes Forschungsprozesses oder wie Ernest Boyer schreibt:

“Every university graduate should understand that no idea is fully formed until it can be communicated, and that the organisation required for writing and speaking is part of the thought process that enables one to understand material fully” (Boyer Commission, 1998, S. 24).

Erste Eindrücke aus unserem Interview-Material zeigen, dass zahlreiche Publikationsformate für Studierende genutzt werden, die häufig dem realen Wissenschaftssystem entlehnt sind. Auch Hierarchisierungen von Formaten werden zum Teil übernommen, so dass Poster und Vorträge häufiger zu finden sind als schriftliche Beiträge, denen ein höherer Qualitätsanspruch zugeschrieben wird. Gerade in diese Lücke möchte Sandra mit einem Zusammenschluss der Universität zu Köln (namentlich Sandra und Hendrik den Ouden) und der TH Köln (Timo van Treeck, Dirk Burdinski und Matthias Hochgürtel) stoßen und ein wissenschaftliches Journal aufbauen, das Studierenden in ganz Nordrhein-Westfalen offen steht. Eine weitere Feststellung, die sich aus unserem Interview-Material ergab war, dass sich die Veröffentlichung studentischer Forschungsergebnisse häufiger als im „realen Wissenschaftsbetrieb“ an eine breite Öffentlichkeit richtet und weniger (ausschließlich) an die wissenschaftliche Community. Interessant ist daran, dass studentische Publikationen scheinbar ein großes Potenzial für Open Educational Ressources und Open Science bieten (im Übrigen auch ein großes Thema auf der dghd). Denkt man einen Schritt weiter, so kann studentische Forschung sogar als Innovationsmotor betrachtet werden, der wissenschaftliches Publizieren neu denkt und diese Erprobung wiederum zurück in das Wissenschaftssystem trägt.

Gleichzeitig gab es auch kritische Stimmen zu studentischen Publikationsformaten: Sie seien „Spielwiesen-“ oder gar „Kindergarten“-Formate, die die Studierenden davon abhielten, die Veröffentlichung ihrer Forschungsergebnisse in regulären wissenschaftlichen Publikationsorganen anzustreben. Forschendes Lernen bedeute vielmehr, Studierende an die Forschungsrealität heranzuführen und weniger, Parallelstrukturen zu schaffen, in denen die Studierenden weiter unter sich blieben. Die Begeisterung der anwesenden (und vortragenden) Studierenden selbst sprach hier eine andere Sprache. Bleibt die Chance auf eine Veröffentlichung in renommierten Journals für Studierende doch sehr gering, so können sie bei der Gestaltung eigener Formate aktiv mitwirken, sich auch redaktionell beteiligen und eigene Schwerpunkte setzen. Sabrina Pensel stellte das Journal Der Wilhelm vor, dass von Studierenden an der Zeppelin-Universität Friedrichshafen initiiert wurde. Johanna Springhorn sprach über die SOZusagen, ein Magazin von Studierenden für den Fachbereich Soziologie der Universität Bielefeld. Auch studentische Forschungsergebnisse wurden im Workshop vorgestellt (gelebte Praxis forschenden Lernens!): Jakob Stärker berichtete von einer Interview-Studie mit Lehrenden in den USA, wo Undergraduate Research wesentlich verbreiteter ist, aber vor allem auch auf dem Arbeitsmarkt außerhalb der Hochschulen wertgeschätzt wird.

Brücke Köln

Vielleicht lässt sich das Potenzial studentischer Journals in Metaphern beschreiben: Es sollte weder darum gehen, das Wissenschaftssystem in studentischen Formaten zu „spiegeln“ und ihnen so den Zugang zur realen Forschungswelt zu verwehren, noch kann es vor dem Hintergrund einer Bildung durch Wissenschaft erwünscht sein, lediglich „Schlupflöcher“ für einzelne (besonders herausragende) Studierende ins Wissenschaftssystem zu schaffen. Letztlich bietet sich wohl das Bild einer Brücke an, die studentische Publikationsformate zwischen dem (forschenden) Lernen der Studierenden und dem Forschen von Wissenschaftler*innen schlagen können. Sie sollten allerdings keineswegs Einbahnstraßen bleiben: Unsere Analyse und die Berichte der Studierenden haben gezeigt, dass das Wissenschaftssystem einen großen Gewinn daran hätte, sowohl studentische Forschungsergebnisse als auch deren (kreative und alternative) Publikationsformate wahrzunehmen und aufzugreifen.

Die dghd war für FideS gleichzeitig Heimspiel und Neuland. Obwohl wir in dieser Konstellation zum ersten Mal auf der Tagung waren, haben wir zahlreiche bekannte Gesichter aus dem Kreis unserer Projektpartner und von anderen Vernetzungsaktivitäten getroffen. Die Keynotes ebenso wie die Workshops und Diskurswerkstätten gaben neue Impulse für die weitere Arbeit im FideS-Projekt, so dass zuletzt nur zu sagen bleibt:

Zitat Teaching

Ganz zum Schluss möchten wir zudem noch auf das Manuskript der Keynote von Gabi Reinmann hinweisen, die den „Eigensinn der Hochschuldidaktik“ analysierte: gabi-reinmann.de/


Bosse, E., Heudorfer, A., & Lübcke, E. (2016). Begleitforschung zum Qualitätspakt Lehre als Balanceakt zwischen Wissenschaft und Praxis. Qualität in der Wissenschaft, (3/4), S. 71–79.

Boyer, E.L. (1990): Scholarship reconsidered. Priorities of the professoriate. Princeton, N.J.: Carnegie Foundation for the Advancement of Teaching.

Dreyfus, H.L., Dreyfus, S.E. (1987): Künstliche Intelligenz. Von den Grenzen der Denkmaschine und dem Wert der Intuition. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Verlag.

Hofhues, S., Mallwitz, M. (2016): Forschendes Lernen „zu Ende“ denken. In: Kergel, David; Heidkamp, Birte (Hg.): Forschendes Lernen 2.0. Partizipatives Lernen zwischen Globalisierung und medialem Wandel. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden, S. 247-262.