Die Society for Research into Higher Education (SRHE) ist eine der bedeutendsten Gesellschaften auf dem Gebiet der Hochschulforschung. Die britische Gesellschaft richtet eine jährliche Konferenz in Wales aus, die von einer vorgelagerten Konferenz für Nachwuchswissenschaftler*innen begleitet wird. Hier konnten wir unser Doppelradmodell erstmals vor internationalem Publikum präsentieren.

Beeindruckend war zunächst der Austragungsort der Konferenz. Das Celtic Manor Resort ist ein riesiger Hotelkomplex, der auf einem Hügel über dem walisischen Newport trohnt. Trotz der fast einschüchternden Atmosphäre gelang es den Organisator*innen einen geschützten Rahmen für Nachwuchswissenschaftler*innen zu schaffen, in dem Raum für Vernetzung und eine positive Feedback-Kultur gegeben war. Die Präsentationen hatten eine hohe Qualität und große Bandbreite. Für FideS interessant war vor allem die Keynote von Helen Walkington und der Vortrag von Mayke Vereijken.

Helen Walkington berichtete sowohl von ihren eigenen Erfahrungen als auch von ihrer Forschung zu Undergraduate Research. Als Lücke im Forschungszyklus identifiziert sie das Publizieren studentischer Forschungsergebnisse. Ein auch für uns relevantes Ergebnis, vor allem in Hinblick auf die kommende dghd-Jahrestagung, auf der wir uns in einem gemeinsamen Workshop u.a. gemeinsam mit Sandra Hofhues ebenfalls mit der Veröffentlichung studentischer Forschung auseinandersetzen werden. Helen hob außerdem die Bedeutung von Feedback für den Forschungsprozess hervor und betonte die Relevanz von dialogischen Formaten für die Studierenden. Beispielhaft stellte sie ein Research Journal vor, die sie an der Oxford Brookes University in Kooperation mit drei weiteren Hochschulen umsetzt und beforscht (Ergebnisse z.B. hier).

Außerdem nutzte sie für verschiedene Stufen der Eigenständigkeit von Studierenden im Forschungsprozess eine schlüssige Metapher: Studierende werden mit einem Navigationsgerät ausgestattet, wenn sie von Lehrenden ein Forschungsproblem und einzelne Schritte zu dessen Bearbeitung vorgegeben bekommen. Erhalten sie nur ein Gerät, mit dem sie via GPS ihre Position bestimmen können, so ist gehen sie zwar ihren eigenen Weg, können sich aber durch eine enge Betreuung noch leicht orientieren. Bekommen Studierende nur einen Kompass und eine Landkarte, wird die Sache schon schwieriger: Lehrende schicken die Studierenden in eine Richtung und geben gelegentlich Hinweise, aber im Großen und Ganzen müssen sich die Studierenden allein zurecht finden. Im Falle von Abschlussarbeiten ziehen die Studierenden dann nur mit einem Kompass los und müssen Unterstützung gezielt erfragen. Die Metaphorik erinnerte mich sehr an ein Bild, das wir im Kontext des forschenden Lernens schon länger verwenden, nämlich die „Insel der Forschung“, durch die Studierende mehr oder weniger stark geführt werden können. (Auf einer anderen Ebene zeigt das Bild, wie gut Metaphern sich für eine präzise wissenschaftliche Beschreibung eignen. Unser Kollege Tobias Schmohl hat sich damit hier auseinandergesetzt.)

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Mayke Vereijken von der Leiden Universität in den Niederlanden präsentierte ihre aktuellen Forschungsergebnisse aus einer kleinen Studie zur Supervision studentischer Forschungsprozesse. Dabei analysierte sie anhand von Videografien der Gespräche zwischen Studierenden und deren betreuenden Lehrenden Betreuungsstrategien und ihre Hintergründe. Hier lässt sich eine Verbindung zu unserem Doppelradmodell ziehen, spielt doch die Wahl von Freiheitsgraden für die Betreuung studentischer Forschung eine zentrale Rolle.

Meine Präsentation unseres Doppelrad-Modells stieß auf äußerst positive Resonanz. Die einhellige Meinung, dass unser Modell international anschlussfähig ist, freut uns besonders!